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Kulturelle Sicherheit: Gedanken zum Tag der deutschen Einheit

3/10/2018

 
Am 3. Oktober 1990 wurde das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung wieder vereint. Welch ein unbeschreibliches Fest!
Im Jahr zuvor fanden in Leipzig und vielen anderen Orten die Montagsdemonstrationen statt. Von "Wir sind das Volk" zu "Wir sind ein Volk" war es weit mehr als nur eine semantische Nuance. Von der Demokratie über die Freiheit der Bürger hin zur Wiedervereinigung, die am 18. März 1990 in der einzigen freien Volkskammerwahl gewählt und am 3. Oktober vollzogen wurde. 
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(c) Bundesarchiv, Bild 183-1990-1003-400 / Grimm, Peer / CC-BY-SA 3.0
Schon damals waren alle Beteiligten Getriebene, auch Helmut Kohl, der Kanzler der Einheit. Auf den Demonstrationen wurde intoniert: "Kommt die D-Mark bleiben wir. Kommt sie nicht, geh'n wir zu ihr." Die Einbindung des wiedervereinigten Deutschlands in den Westen und in damit auch in die NATO war ein diplomatisches Meisterstück.
Zuerst also Freiheit und westliche Wertebindung. Schon lange aber beschäftigt uns auch das Thema Sicherheit.
Der Veränderungsdruck in unserer Gesellschaft, im Westen insgesamt, lässt die Menschen in allen Teilen Deutschlands fragen: Was ist noch sicher? Worauf kann ich mich verlassen? Was macht Deutschland aus?
Es geht um Sicherheit, und hier ist gerade auch der Staat herausgefordert:
  1. Innere und äußere Sicherheit: Ordnungsämter, Polizei und Armee;
  2. Soziale Sicherheit: Rente, Arbeitslosenversicherung, soziale Grundsicherung; und
  3. Kulturelle Sicherheit.
​Der letztgenannte Punkt der "Kulturellen Sicherheit" ist weit weniger bekannt (und sehr viel schwieriger einzuordnen, s.u.), aber er ist bei allen Veränderungen, denen wir ausgesetzt sind, von riesengroßer Bedeutung!
In vielen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern spüre ich: Die Frage nach der kulturellen Sicherheit und Identität treibt nicht nur die änderungsgeplagten Ostdeutschen um, sondern uns alle in Ost und West! Die Fragen, die ich gehört habe, lauten zum Beispiel:
  • "Ich bin für ein gutes Abitur und für den Meisterbrief. Heute ist das Abitur entwertet, und der Meisterzwang wurde teilweise abgeschafft. Es verunsichert mich, dass meine Kinder vielleicht keine gute Ausbildung bekommen."
  • "​Ist meine Altersversorgung, ist der Euro sicher?"
  • "Ich bin 40 und mein Job ist ziemlich analog. Kann ich mich darauf verlassen, dass Staat und Wirtschaft den Übergang in die digitale Welt mit ihren Robotern und anderen unbekannten Wesen auch für mich menschenwürdig gestalten?"
  • ​"Ich wohne in einer Gegend, da hängen junge Männer vor einer Flüchtlingsunterkunft ab. In der Klasse meiner Tochter sind muslimische Kinder. Muss man sich jetzt rechtfertigen, wenn man in der Adventszeit Weihnachtslieder singt und Julklapp macht?"
  • "Im Krankenhaus sprachen die Pfleger kaum ein Wort Deutsch. Technisch haben die alles gut gemacht. Aber ich konnte mich nicht fallen lassen, weil ich im wahrsten Sinne des Wortes nicht wusste, ob die mich verstehen."
Meine Meinung: Zunächst ist es wichtig, dass die genannten Fragen auch tatsächlich gestellt werden. Dies sind Alltagsthemen der Menschen: Bildung, finanzielle  Absicherung, Technisierung, Migration, Pflege. Es ist nicht das Privileg der AfD, diese Themen aufzugreifen. Im Gegenteil! Es ist seit Jahrzehnten erfolgreiche Politik der CDU, dicht am Alltag dran zu sein und auch die kulturelle Sicherheit in den Blick zu nehmen!
Wir müssen dabei nicht zuletzt auch die Fragen der Bürger aufgreifen, denen die Veränderungen zu schnell gehen, und wir müssen überzeugende Antworten geben!
Die Antworten werden wir aus unserer christlich-abendländischen Geschichte, aus der Aufklärung und aus den Normen und Erfahrungen in unserer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft entwickeln. Mit klarer Wertebindung. Nur so können wir auch die kulturelle Sicherheit in unserem Land gewährleisten. 
Dazu gehört das ehrliche, offene Gespräch, um die Sorgen und Probleme im Alltag zu verstehen und praxistaugliche Lösungen zu entwickeln. Dazu gehört das Verständnis für die langen Linien, für die Bräuche und Traditionen. Dazu gehört Transparenz. Die Entscheidungen müssen erklärt werden, damit nicht der Eindruck entsteht, "die da oben" seien entrückt und inkompetent. 
Dazu gehört auch, dass wir die breite Bevölkerung in den Mittelpunkt unserer Politik stellen - mit all ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden, mit dem Sinn für den gesellschaftlichen und sozialen Ausgleich.
Und dazu gehört schließlich auch ein weithin konsentiertes Verständnis dessen, wofür der Staat zuständig ist - und wofür nicht.
Denn Teil der Freiheit ist immer auch die Eigenverantwortung der Bürger. Aber da, wo der Staat unser aller Sicherheit garantieren muss - bei Gefahren und im Sozialen -, da muss der Staat handlungsfähig sein und entschieden handeln! 
​Ist der Staat auch im Bereich der kulturellen Sicherheit gefragt? Mir ist bewusst, dass der Staat hier nur eingeschränkt normativ wirken kann. So hat Ernst-Wolfgang Böckenförde formuliert:
„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat.“ (Böckenförde: Staat, Gesellschaft, Freiheit, 1976).
Aber die Diskussion, aus welchen traditionellen Quellen sich unser Gemeinwesen speist und welche Maßnahmen Staat und Gesellschaft ergreifen sollten, um die kulturelle Sicherheit der Bürger schützen zu können, müssen wir führen. Diese Diskussion dürfen wir nicht den Populisten überlassen, denn sonst wird sie zu Lasten der Freiheit entschieden. Für diese Diskussion sind wir Demokraten zuständig.
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